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EZİDEN-JEZİDEN-Die Ssabier und Der Ssabismus- Dr. D. CHWOLSOHN
S.155
Eben so werden wir weiter unten₃) einige Nachrichten über die Jeziden in Mesopo-tamien mittheilen, die unseres Dafürhaltens gleichfalls Ueberresfe der alten Heiden des Landes sind, die nur zum Scheine dies und jenes von dem Mohammedanismus angenommen haben, um von den Mohammedanern geduldet zu werden.
Dessgleichen werden wir nachweisen⁴), wie die unfer den Mohammedanern leben-den Anhänger der alten Parsireligion den Patriarchen Abraham, von dem sie vor der mohammedanischen Zeit nichts wussten, in ihr Religionssystem aufnahmen, ihre Religion als die Abrahams bezeichneten, ihr heiliges Buch „Liber abrahami“ nannten und diesen Patriarchen gewissermaasen mit Zoroaster identificirten, was sie offenbar nur zum Scheine thaten, um von den Mohammedanern Duldung zu erlangen.
S.156
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eben so die eben angedeuteten Nachrichten über die Jeziden und Magier, zeigen uns recht deutlich, wie die Erscheinung in Mesopotamien nicht ganz isolirt dasteht, dass die Ueberreste der alten Heiden des Landes verschiedene Mittel gebraucht baben und noch jetzt gebrauchen, um in den Augen der Mohammedaner für ein biblisches Volk zu gelten und so von denselben Duldung zu erlangen.
S.296-297
Auch von den bekannten Jeziden glauben wir, dass sie ächte Heiden und zwar gleichfalls Ueberreste der alten Heiden des Landes sind, welche einige Ideen und Gebräuche von Christen und Mohammedanner zum Scheine angenommen haben, um sich dadurch vor den Verfolgungen der letztern, denen sie bis auf die neuste Zeit ausgesetzt waren, zu schützen.
Es ist hier nicht der Ort dies weitläufig nach den Berichten der Reisenden zu beweisen; wir verweisen daher auf Ritters Erdkunde, Bd.IX, p. 748—762, wo Nachrichten der Reisenden über die Jeziden bis 1839 mitgetheilt sind, aus denen das hier Gesagte deutlich genug hervorgeht; wir wollen aber hier auch Einiges aus Layards Berichten, während seiner ersten Reise, anführen, die erst nach der Herausgabe des erwähnten Bandes von Ritter bekannt wurden. An den Obersch-wellen des Thorwegs zum Grabe des Scheich Adi sind, wie Layard berichlet, ein Löwe, eine Schlange, em Beil, ein Mann und ein Kamm eingehauen, deren Bedeutung die Jeziden verschwiegen.Die Schlange und das Beil sind aber bekannllich ächt heidnische Symbole, welche die Heiden des Orients im Altertbum wohl kannten, und die auch Layard auf den altsyrischen Denkmälern fand. Die heilige Quelle, welche die Jeziden wohlweislich von der heiligen Quelle Zemzem bei Mekkah herleiten, und der heilige Brunnen am erwähnten Grabe erinnern an ahnliche Einrichtungen bei vielen alten heidnischen Tempeln der alten Welt. Der Tempel des Scheich Schems ist ohne allen Zweifel ein Sonnentempel, der, wie Layard berichtet, so gebaut ist, dass die ersten Strahlen der Sonne so häufig als möglich auf ihn fallen. Sogar die weissen der Sonne geweih-ten Sliere fehlen bei jenem Tempel nicht. Die in der Nacht, in Folge der Musik und des Gesanges, entstehende Begeisterung, die fast an Raserei grenzt, eben so ihre Verehrung der musikalischen Instrumente, durch welche dieselbe bervorgebracht wird, erinnern an die Nachrichtender Alten von den Hierodulen und Corybianten.
S.297
Ihr Melek Taüs ist offenbar ein Götzenbild, — vielleicht das des bösen Princips — , und Layard wurde, als er zum ersten Mai bei den Jeziden war, zu der Ceremonie, wo jenes Bild den Augen der Priester blosgestellt wurde, nicht vorgelassen. Ein höchstes Wesen sollen die Jeziden zwar anerkennen, sie wollen aber, wie die Ssabier, nichts von .ihm wissen und richten weder ihre Gebete an dasselbe, noch bringen sie ihm Opfer dar; ja der Scheich der Jeziden schien mit abergläubischer Scheu jeden mil der Existenz oder den Attributen jener Gottheit in Beruhrung stehenden Gegenstand zu vermeiden. Von dem Satan, dessen Namen sie nie aussprechen und den sie mit grosser Ehrfurcht Melek Taüs, “den König Pfauhahn“, nennen, glauben sie, dass er der Anführer der Engelschaaren und desshalb allmächtig sei, und dass er einst wieder zu seinem hohen Range in der himmlischen Hierarchie gelangen werde. Wir vermuthen, dass dieser Satan der Jeziden mit der uralten Gottheit der Ssabier, Namens Schemâl, . . . welcher Name später von Christen und Juden dem Satan beigelegt wurde, identisch ist; dass letzterer als der höchste und mächtigste Gott von den Ssabiern betrachtet wurde, haben wir nachgewiesen. Schliesslich erklärt Layard die Ansicht für nicht unwahrscheinlich, “that the sect may be a remnant of the, ancient Chaldees, who have, at various times, outwardly adopted the forms and tenets of the ruling people to save themselves from persecution and oppression; and have gradually, through ignorance, confounded them with their own belief and mode of worship“
S.297-298
Auf der zweiten im Jahre 1849 gemachten Reise sammelte Layard viele andere Nachrichten über die Jeziden, aus denen noch deutlicher horvorgeht, dass dieselben Ueberreste der alten Heiden des Landes sind.
S.298
Auf dieser seiner Reise bal er den Melek Taüs gesehen und giebt in seinem neusten Werke eine Abbildung davon, welche die Figur eines auf einer Art Candelaber stehenden Vogels darstellt, der eher, wie Bähr bemerkt, für einen etwas plump gehaltenen Hahn, als für einen Pfau anzusehen ist. Bekanntlich spielt der Hahn in vielen heidnischen Culten, und auch in dem der Ssabier, eine grosse Rolle, und selbst Layard hat in seinem genannten Werke zwei altbabylonische Gemmen publicirt, auf welchen ein Priester in der Stellung eines Betenden vor einem Altar steht, auf welchem ein Hahn sich befindet. Man sieht deutlich, dass es, so sehr auch die Jeziden sich dagegen verwahren, ein sehr altes Idol ist; denn die Art und Weise, wie dieselben es verehren, weist darauf hin, dass es ein Idol und kein Symbol Oder Banner des Hauses ihres weltlichen Oberhauptes ist, wie die Jeziden dem genannten Reisenden gern einreden wollten. Bei ihrem jährlichen Feste am Grabe des Scbeich Adi berichtet Layard, «when the prayers were ended, those who marched in procession kissed, as they passed by, the right side of the doorway leading into the temple, where a serpent is figured on the wall; but not, a I was assured, the image itself, which has no typical or other meaning, according to Sheikh Nasr and Cawal Yusuf». Wahrscheinlich aber haben diese ihm nicht die Wahrheit sagen wollen, Weil sie immer ihr Heidenthum zu verbergen suchen.
S.298-299
Bei diesem Besuche hat er auch ihr heiliges Buch kennen gelernt, von dem er sagt: «It consisted of a few tattered leaves, of no ancient date, containing a poetical raphsody on the merits and attributes of Sheikh Adi, who is identified which the Deity himself, as the origin and creator of all things, theogh evidently distinghuished from the Eternal Essence by being represented as seeking the truth, and as reaching through it the highest place, which he declares to he attainable by all those who like him shall find the truth».
S.299
Die Jeziden schliessen die Mohammedaner vom künftigen Leben aus. Sie leben, wie die Ssabier in Monogamie, worin blos die Scheichs eine Ausnahme machen, und Ehescheidungen finden bei .ihnen gleichfalls unter ähnlichen Bedingungen statt, wie bei den Ssabiern. Ihre Qiblah ist wiederum wie bei den Ssabiern der Polarstern und nicht der Osten, nach welcher Seite hin sie auch ihre Todten beerdigen. Schliesslich theilt Layard noch folgende interessante Notiz über sie mit, die, wie wir glauben, darauf hinweist, dass sie nur Ueberreste der alten Heiden des Landes sind und dass sie keineswegs mit den Parsen in irgend eine Beziehung zu bringen sind. «Cawal Yusuf, bemerkt Layard, mentioned accidentally, that, amongst the Yezidis, the ancient name for firod was Azed , and from it he derived the name of his sect. He confirmed to me the fact of the small Ziareh (ein heiliger Ort) at Sheikh Adi being dedicated to the sun, who, he says, is called by the Yezidis «Wakeel el Ardth» (the lieutenant or Govenor of the world). They have no particular reverence for fire; the people pass their hands through the flame of the lamps at Sheikh Adi, merely because they belong to the tomb»
S.626
Das Verfahren der Mohammedaner gegen nichtarabische Heiden war also im Ganzen schwankend. Da aber die oben angeführten Bedingungen, unter denen Toleranz zu gewähren war, nicht näher determinirt, sondern vielfachen Deutungen unterworfen waren, so suchten viele von den unter den Mohammedanern lebenden Heiden, wie z. B. die Magier, die Ssabier, die Jeziden u, dgl. Andere, diesen Umstand zu benutzen und ihre mohamnaedanischen Herren in Bezug auf den wahren Character ihrer eigenen Religion irre zu führen.
S.627
die Magier, die Mendaiten, die Ssabier, die Jeziden u. dgl. andere religiose Genossenschaften von heidnischem Character, die rechtlich keine Ansprüche auf Duldung unter den Mohammedanern machen konnten. Sehen wir nun auf welche Weise und durch welche Miitel unsere Ssabier bei den Mohammedanern Duldung zu erlangen verstanden.
S.648-649
Auf eine ähnliche Weise, wie die Ssabier und Magier, und durch dieselben Ursachen bewogen, verfuhren und verfahren noch jetzt die Jeziden. Oben ist Einiges über diese merkwürdige Secte mitgetheilt worden und wir haben unsere Ansicht über dieselbe dahin ausgesprochen, dass die Jeziden Ueberreste der alten Heiden des Landes wären. Sehen wir aber, wie auch sie sich bemühten, sich äusserlich den Mohammedanern zu assimiliren, um von diesen geduldet zu werden. Ihr Scheich Adi soll einer der Merwân-Chalifen und sie selbst sollen ursprünglich Sûfîs gewesen sein. Von den an ihrem Tempel sich befindenden Abbildungen, über deren heidnischen Character oben (1. c.) einige Andeutungen gegeben wurden, sagen sie, dass die Schlange an Evas Verführung und der Widder an Abrahams Opfer und Gehorsam erinnere. Eins ihrer Feste nennen sie das Fest des Chidhr-Elias, und ihr Scheicb Adi soll ihnen ein Buch, Aswâd, «das Schwarze» geoffenbart haben.
S.649
Mancher christliche Reisende bebauptet von ihnen, dass sie die Taufe haben, die aber mit der christlichen sicher in keinem Zusammenhange steht; die Jeziden heben aber diesen Ritus desshalb besonders hervor, weil sie immer vor Mohammedanern eine mohammedanische und vor Christen eine christliche Färbung annehmen. So sagten sie auch einem andern christlichen Reisenden, dass sie die Sonne als Symbol Jesu Cbristi verehren und dass ibr Melek-Tawus, ein uraltes heidnisches Götzenbild, das Bild des David und des Salomo sei. Niebuhr berichtet daber von ihnen, dass sie sich, je nachdem der Wind weht, bald Mohammedaner, bald Juden oder Christen nennen, dass sie eben so mit Respect vom Coran, wie vom Pentateuch und den Psalmen sprechen und noch dazu sogar behaupten, Sunniten, d. b. orthodoxe Mohammedaner, zu sein, Selbst Layard, dem sie ihr Vertrauen in hohem Grade schenkten, haben sie nicht immer die Wahrbeit gesagt und auch ihn, wie es scheint zu täuschen gesucht.
So bezeugen sie, nach Layard, eine grosse Ehrfurcht vor dem alten Testament, glauben an die Kosmogonie der Genesis und an die Sintfluth. Eben so verwerfen sie weder das neue Testament, noch den Coran, halten Abrabam, die Patriarchen und Mohammed für Propheten erwarten eine zweite Ankunft Christi, worauf das Wiedererscheinen des Imam Mehdi folgen wird, den die Mohammedaner erwarten, und glauben an die auf ihn bezüglichen Fabeln derselben.
S.649-650
In letzterer Hinsicht bemerkt Layard selbst, dass die Jeziden dies nur der Mohammedaner wegen thun, um dieselben mit sich auszusöhnen. Von den an dem Tempel des Scbeich Adi aufsprudelnden Quellen glauben sie angeblich, dass Scheich Adi sie aus der Quelle Ssemssem in Mekkah herbeigeholt habe. Man sieht also auch daraus, wie sehr sie sich an die Bibel anzuschliessen und zugleich die Mohammedaner zu tauschen suchen. Beim zweiten Besuche sagten sie Layard, dass die Mohammedaner vom künftigen Leben ausgeschlossen wären, aber nicht die Christen.
S.650
Auch bemerkt Badger, dass sie dies und jenes nur desshalb thun und vorgeben, um dadurch bei den Mohammedanern Toleranz zu erlangen. Aus diesem Grunde, meint er, leiten sie sich von dem Chalifen Jezid ben Mo’awjah her und schreiben eins der Graber am Tempel des Scheich Adi dem bekannten mohammedanischen Traditions-lehrer ’Hasan el-B assri zu, der bekanntlich in Aegypten gestorben und in der That daselbst und nicht dort begraben ist. Eben so halt er mit Recht den Titel «Scheich», den sie ihren Gottheiten Adi und Schems beilegen, für ein «another artifice to throw dust into the eyes of the Mohammedan persecutors»
S.812
Bemerkenswerth ist es, dass die Jeziden sich noch jetzt daseni (pl. Duasen) nennen; s. Badger, the Nestorians etc. I. p. 111. Stehen die Jeziden vielleicht mit den unserer Ansicht nach heidnischen Isma’eliten in irgend einer Verbindung?
2.Buch
S.114
Wir erinnern noch an unsere obige Mittheilung, dass auch die Jeziden, von denen wir vermuthen, dass sie Ueberreste der alten Heiden des Landes sind, ebenfalls keine Beschneidung haben; s. oben Bd. I, Buch II, C. X